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Hetero-Hochburg Österreich zu Fall gebracht

in SOZIALES von

Seit 4. Dezember 2017 steht fest: Ab 1. Jänner 2019 dürfen gleichgeschlechtliche Paare in Österreich die Ehe schließen. Heinz Schubert, langjähriger Kämpfer für die Gleichstellung Homosexueller, kann es noch gar nicht recht fassen.

16 Jahre nachdem die Ehe für alle in den Niederlanden, Vorreiter innerhalb der EU und weltweit, legalisiert wurde, schafft auch Österreich diesen Schritt. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, das am Dienstag bekannt wurde, bedeutet, dass ab 1. Jänner 2019 die Ehe für homosexuelle Paare möglich ist und gleichzeitig heterosexuelle Paare eine eingetragene Partnerschaft eingehen können, sofern der Gesetzgeber in der Umsetzung dieses Erkenntnisses nicht anders beschließt.

„1991, also vor 26 Jahren, als ich mein Coming-Out hatte, gab es noch Paragraphen des Strafrechts, die Homosexuelle diskriminieren und jetzt ist die Ehe offen“, sagt Heinz Schubert, langjähriger Vorsitzender der RosaLila PantherInnen in der Annenstraße, der heute die Ökumenische Arbeitsgemeinschaft „Homosexuelle und Glaube“ (HuG) leitet. Er kann noch gar nicht recht glauben, dass nun wahr wird, wofür er und seine MitstreiterInnen über Jahre gekämpft haben. „Der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes hat mich als Laien ziemlich überrascht, auch wenn einige Juristen gesagt haben, dass das nur noch eine Frage der Zeit ist.“

Was bedeutet das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs für Österreich und die österreichische Gesellschaft? Zuerst sagt Heinz Schubert, dass es ihn “fast ein wenig sprachlos” mache. Andererseits spiegle es aber auch einfach wider, was für die meisten Menschen längst Normalität ist. Letztlich sei die Entwicklung als “typisch österreichisch” einzustufen. ”Kein Gesetz zur Gleichstellung von Lesben und Schwulen wurde bis jetzt aufgrund eines politischen Willensbildungsprozess durchgesetzt.“ Auch das Gesetz zur eingetragenen Partnerschaft für Homosexuelle wurde 2009 durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshof angestoßen und trat 2010 in Kraft.

Heinz Schubert, Vorsitzender der HuG: „Die staatliche Ehe definieren wir.“ – Foto: Theresa Niederl

„Wovor habt ihr Angst?“, ist die Frage, die Schubert nach wie vor beschäftigt. Denn auch der Beschluss zur Legalisierung der Homo-Ehe wird jahrelange Vorurteile nicht von einem auf den anderen Tag in Luft auflösen. „Die aktuelle Entscheidung hat, meiner Meinung nach, zweiseitige Auswirkungen“, meint Heinz Schubert. „Für die meisten spielt sie keine Rolle mehr, der Beschluss spiegelt die mehrheitliche Meinung der Bevölkerung wider. Es gibt aber auch einen Teil der Bevölkerung, der nach wie vor ablehnend und negativ gegenüber Homosexuellen reagiert.” Schubert meint, dass alles letztlich eine Frage der Zeit sei. „In Zukunft werden auch am Land mehr Ehen geschlossen werden und nicht nur auf der Bezirkshauptmannschaft sondern auch in den Standesämtern kleiner Gemeinden, was wiederum dazu führt, dass homosexuelle Ehe normalisiert wird.“

„Wenn der Staat es anerkennt,

werden immer weniger dagegen argumentieren können.“

Heinz Schubert

Die HuG, die sich seit Jahren für die Gleichstellung der Rechte von Lesben und Schwulen einsetzt, versucht Schubert, gerade für gläubige Menschen ein wenig zu dieser Normalisierung beizutragen. „Wir sitzen in der Mitte einer Brücke, oder zwischen allen Stühlen, wenn man so will. Unser Zugang ist für manche etwas ungewöhnlich, aber das trägt auch dazu bei, dass wir mit einer gewissen Ernsthaftigkeit gesehen werden und eine wichtige Rolle nach außen in die Gesellschaft vertreten.“ Die regelmäßigen Treffen werden für Diskussionen und gemeinsame Unternehmungen genutzt. Auf die Frage ob das Erkenntnis des Verfassungsgerichts gefeiert werde, antwortet er: „Naja, geplant ist noch nichts, nachdem das ja ziemlich überraschend kommt. Aber wir werden es auf jeden Fall würdig diskutieren.“

Rechtliches
Gesetzlich wird im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (AGBG) die Formulierung „verschiedenen Geschlechts“ geändert, was es auch homosexuellen Paaren möglich macht, die Ehe zu schließen. Das Gesetz zur eingetragenen Partnerschaft bleibt bestehen und mit 1. Jänner 2019 haben sowohl homo-, als auch heterosexuelle Paare die Wahl, ob sie heiraten oder eine eingetragene Partnerschaft eingehen wollen. Personen, die bereits vor dem Beschluss des Verfassungsgerichtshof auf rechtlicher Ebene kämpften, dürfen die Ehe eingehen, sobald der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes zugestellt wurde.
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