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Aufklärung mit scharf

in SOZIALES von

Wolfgang Kogl handelt seit zwanzig Jahren scharfe Waren über den Ladentisch seiner SexWorld in der Quergasse 1. Seit kurzem gibt er seinen Kunden auch eine Portion Bildung mit auf den Weg.

Von Iris Löhnert, Hannah Maier, Clara Melcher und Theresa Niederl

Nackte Haut, laszive Blicke, verschmelzende Körper – eine Bilderflut ergießt sich über den Besucher, wenn er die SexWorld in der Quergasse betritt. Ein Labyrinth aus deckenhohen Regalen, bis an den Rand gefüllt mit Erotikfilmen. Am Ende des Pornotunnels: die Ladentheke, hinter der Wolfgang Kogl auf Kundschaft wartet.

Das Warten kann allerdings dauern. In den letzten Jahren hat sich das Publikum im Sexshop stark verändert: Heute verirren sich viel weniger Leute in das kleine Geschäft als noch vor zwanzig Jahren. Für die wenigen, die ihren Weg zu ihm finden, nimmt Wolfgang Kogl sich allerdings viel Zeit.

Scharfe Kritik

Dass die Verkaufsgespräche nun länger dauern, hat auch damit zu tun, dass immer mehr Kunden nicht alles so scharf finden wie Kogl. Das wiederum hängt mit der Herkunft der Menschen zusammen, von denen viele aus dem nahen Osten nach Graz gekommen sind. Von ihnen wird er nicht selten mit Vorwürfen und offenen Fragen konfrontiert. „Sind Sie etwa schwul?“, ist vermutlich die häufigste davon. „Schmutzig”, sagt Kogl, sei das erste Wort, das den meisten Migranten einfällt, wenn sie die Schwulenpornos in seinen Regalen entdecken. „Sobald Homosexualität angegriffen wird, beginne ich zu diskutieren“, sagt Kogl. Für seine Erklärungen holt er dann sehr weit aus und nimmt seine Zuhörer mit auf eine Zeitreise durch die österreichische Geschichte. Beginnend im historischen Ostarrichi, beschreibt er, wie sich der Blickwinkel der Gesellschaft auf homosexuelle Liebe verändert hat. Die Reaktionen seiner Gesprächspartner sind gemischt, sagt Kogl. Viele seien für Gespräche offen, einige blocken ab. Sein Anliegen ist es jedenfalls, Menschen aus anderen Kulturen die hiesigen Werte bezüglich gleichgeschlechtlicher Liebe und Sexualität näherzubringen.

Wolfgang Kogl: „Vielen Migranten fehlt die Erfahrung im Umgang mit Frauen.“ – Foto: Iris Löhnert

„Ich nehm´s mir einfach“

Nicht nur Homosexualität spielt in den Gesprächen, die er mit seinen Kunden führt, eine Rolle. Manchmal muss Kogl noch grundsätzlicher werden. „Vielen fehlt die Erfahrung im Umgang mit Frauen. Anstatt eine Frau zu umwerben, sind sie mit der ‚Ich nehm’s mir einfach‘-Mentalität aufgewachsen.” Für die sexuellen Übergriffe an Frauen, die immer öfter in den Schlagzeilen zu finden sind, macht Wolfgang Kogl fehlende Bildung verantwortlich. Durch seine Gespräche ergreift er in seinem Sexshop täglich Eigeninitiative. Neben Kultur und österreichischen Gesellschaftsnormen will er Migranten die deutsche Sprache näher bringen. „Es ist mir wichtig, Ansprechpartner für ausländische Kunden zu sein.” Dennoch ist ihm bewusst, wie wenig Einfluss er auf das Gesamtproblem hat, deshalb fordert er mehr Initiative seitens Politik und Gesellschaft.

Helden des Alltags

Eine Initiative, die diese Thematik professionell aufgreift, nennt sich Heroes und wird seit Kurzem, unter der Leitung von Emina Saric und Michael Kurzmann, auch in Graz erprobt. Die in Schweden geborene Idee setzt sich gegen Männergewalt im Namen der Ehre ein. Junge Männer mit Migrationshintergrund bekommen hier die Möglichkeit, an freiwilligen Treffen teilzunehmen, ihre Ehrvorstellungen zu hinterfragen und Vorbilder für ihre Community zu werden. Es sind Projekte wie diese, von denen sich Wolfgang Kogl mehrere wünscht.

Querdenken in der Quergasse – Foto: Iris Löhnert

„Durch die Arbeit mit Personen verschiedenster Herkunft und Alters nimmt man sehr viel für sich mit“, sagt er und resümiert: „Vor 20 Jahren hätte ich nie damit gerechnet, dass diese Aufklärungsarbeit, die ich da im kleinen Rahmen betreibe, zu einer Art Lebensprojekt wird.”

 

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