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Disco Bazaar: Gefundenes in Disco-Hemden verhökern

in KULTUR von

Ein Mix aus funky Discosounds und orientalisch angehauchten „wunderschönen Nummern“. „The Base“ setzen bei ihrem 12. Album „Disco Bazaar“ auf Vielseitigkeit. Leadsänger Norbert Wally verrät im Interview, warum die Musiker kein fixes Genre haben, sie bei diesem Album halbe Sachen machen und wie er dazu gekommen ist etwa 160 Songs zu schreiben.

Alle Bilder zum neuen Album „Disco Bazaar“ wurde in der Annenstraße aufgenommen. Foto: Marija Kanizaj

Annenpost: „Disco Bazaar“ ist euer 12. Album. Ihr habt bereits unzählige Songs veröffentlicht, alle hast du geschrieben. Woher nimmst du bloß deine Inspiration?

Norbert Wally: Es ist nie so, dass ich mich „wissenschaftlich“ hinsetze und sage: „Es ist jetzt 17:00 Uhr und ich schreibe einen Song“. Es ist eher so, dass dich von irgendwoher ein Blitz trifft, beim zu Fuß gehen, Autofahren, in der Straßenbahn oder im Zug. Plötzlich beginnst du einen Beat zu schlagen oder es liegt etwas Rhythmisches in der Luft, das dich dazu antreibt zu summen und zu schnipsen. Manchmal ist es auch durch ein Wort oder einen Spruch induziert. Meine Initialzündung ist meistens musikalisch, aber wenn der Funke gnädig ist, schickt er mir einen Text auch gleich dazu. Sich jedoch mit dem Vorhaben einen Song zu schreiben hinzusetzen, funktioniert eigentlich nie.

Also hast du schon versucht, „wissenschaftlich“ einen Song zu schreiben und bist dann gescheitert?

Ja, es hilft schon, wenn man sich oft damit beschäftigt, aber mit Krampf hat es noch nie gut funktioniert oder es ist einfach nicht besonders gut geworden. Ich hab etwa 160 Songs geschrieben, davon sind auch nicht alle super.

„Eine Polarität zieht sich irgendwie schon durch unser Wirken“, meint Norbert Wally. Foto: Ramona Arzberger

Außerhalb von Graz ist The Base relativ unbekannt. Wollt ihr überhaupt richtig „famous“ sein?

Ich glaube daran, dass man das bekommt, was man verdient. Bis zu einem gewissen Grad scheint es jetzt genau so zu sein, wie wir das anscheinend wollen. Der nächste Schritt wäre, dass wir ausschließlich von der Musik leben können und da stellt sich die Frage, ob wir auch für die Musik leben würden? Das hat etwas Ausschließendes, wenn wir nur mit Musik unser Geld verdienen müssten, fürchte ich, dass das unsere Musik negativ verändern würde. Wahrscheinlich würde ich eher den Stift ansetzen und versuchen, etwas mehr Kalkül in die Nummern zu bringen. Ich würde keine sechs Minuten Songs mehr machen oder solche bei denen ich schon im Vorhinein weiß, dass sie nicht ins Radio kommen. Eigentlich mag ich es, wie es zur Zeit bei uns läuft. Das heißt aber nicht, dass ich mich nicht freuen würde, wenn wir auch in Kopenhagen wie in Graz vor 500 Leuten spielen würden.

Warum heißt euer neues Album „Disco Bazaar“?

Vom letzten Album „Where is my Weather“ sind einige Nummern übrig geblieben, bei denen ich noch Potential gespürt habe. So bin ich zu dem Wort „Bazaar“ gekommen, also etwas Secondhandmäßiges nochmal verhökern. Disco hab ich davor gesetzt, weil es irgendwie gegensätzlich ist und zudem ein westlicher Begriff, der weltweit bekannt ist. Bazaar ist wiederum östlich geprägt, kennt man aber auch im Westen. Es war spannend, zwei zweisilbige Worte, die gut hintereinander klingen und trotzdem in einer vollen Dialektik zwischen Ost und West stehen, hintereinander zu reihen. Was jetzt nicht heißt, dass dieses Album besonders politisch ist.
Einen weiteren Einfluss zur Namensgebung hatte die Dramaturgie der Songs. Wir machen bei diesem Album halbe Sachen. Die A-Seite, „Disco“, der Langspielplatte hat „up-beat“ Nummern, zu denen man tanzen kann, die B-Seite, „Bazaar“ ist eher schräg, hat arabische Skales darin, ein paar schräge Töne, eher zum Shisha-Rauchen.

Ab dem 30. Juni wird es „Disco Bazaar“ zu kaufen geben. Foto: Ramona Arzberger

Welche Songs sind dir persönlich lieber: ruhige oder fetzige?

Ich finde, das Eine schließt das Andere nicht aus. Ich glaube, für mich wär es unnatürlich, wenn ich sagen würde, ich mache jetzt nur noch fröhliche Up-Tempo-Nummern. So bin ich nicht. Manchmal bin ich melancholisch und ruhig und manchmal habe ich Lust Gas zu geben. Nur um ein Genre zu erfüllen, würde ich keine der beiden Seiten aufgeben. Wenn man sieben Konzerte mit voller Lautstärke spielt, freut man sich wieder auf ein paar Unplugged-Sessions.

Alle Fotos für das Album wurden in der Annenstraße aufgenommen. Wieso ist das die passende Location für „Disco Bazaar“-Bilder?

Ursprünglich wollten wir nach Istanbul fliegen, uns dort in Disco-Kleidung werfen und auf einen Bazar gehen. Leider hat das Geld dafür nicht gereicht. Also haben wir uns gefragt: „Wo kann man so etwas wie „Disco Bazaar“ mit einem Augenzwinkern illustrieren?“ Die Idee war, uns mit Disco-Outfits in Grazer Lokalitäten zu begeben, über denen ein Hauch von Bazaar schwebt: afghanische, syrische, indische Shops. Der Grund, warum nur in der Annenstraße fotografiert wurde, war hauptsächlich, weil wir möglichst wenig Wege gehen wollten. Es war ein wirklich auffallendes Shooting und wir haben uns, in unseren Outfits, nicht uneingeschränkt wohlgefühlt. Es sind sogar Polizeiwägen stehen geblieben, weil sie nicht wussten, was das soll. Außerdem war dieses ziemlich sommerliche Shooting im Dezember.

Das heißt, du trägst privat nicht so gerne offene Disco-Hemden aus glänzenden Stoffen?

Nein, wirklich nie.

Eine kleine Hörprobe zum neuen Album „Disco Bazaar“ gibt es außerdem hier: 

The Base ist eine Indie-Rock-Band aus Graz. Gegründet wurde sie 1989. Mitglieder sind Sänger/Gitarrist Norbert Wally, Schlagzeuger Karlheinz Miklin jr. und Bassist Albrecht Klinger. Ihr neues Album „Disco Bazaar“ wird am 30. Juni 2017 veröffentlicht. Am 30. Juni wird außerdem in der Postgarage eine Album Release Party mit The Base steigen.

Ramona mag alte Rock Songs, will die Welt entdecken, Abenteuer erleben, Philosophin sein, Musik machen und Journalistin werden.

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