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Ein bisschen Drag steckt in jedem von uns

in VIERTEL(ER)LEBEN von
Die amtierende „Miss Tuntenball“ Bubblegum Lecter muss im März ihre Krone abgeben. Ein Gespräch über ihre Verwandlung zur Drag Queen, den Tuntenball und was es heißt, akzeptiert zu werden.

Der Name ist Programm. Bubblegum ganz in pink wie ein zuckersüßer Kaugummi. Foto: Lara Haidvogl

Elegant betritt sie mit ihren 14 Zentimeter hohen Schuhen die Bühne der Postgarage. Als würde sie ganz ihr gehören. In ihrem maßgeschneiderten, rosa Kleidchen mit den Pailletten-Applikationen und der voluminösen rosa Frisur sieht sie aus wie in Zuckerwatte gehüllt. Selbstbewusst winkt sie ins Publikum und lächelt.

Letztes Jahr stand Bubblegum Lecter noch als Finalistin auf der Bühne, dieses Jahr sitzt die amtierende „Miss Tuntenball“ in der Jury beim Grazer Drag Race, der Vorentscheidung zur Miss-Tuntenball-Wahl im März. Und durfte – neben den beiden Tuntenballpatronessen Ornella de Bakel und Tamara Mascara sowie der Soulsängerin Dorretta Carter– die Performances von fünf Finalistinnen bewerten.

Drag als besonderes Element
2016 begeisterte Bubblegum schon bei der Vorentscheidung die Jury mit ihrer Live-Darbietung von „Fever“, bevor sie dann im Finale am Ball den Titel für sich entscheiden konnte. „Ich war positiv überrascht, dass meine Performance so gut angekommen ist,“ meint sie. Es sei ja eher ungewöhnlich, bei einem Auftritt live zu singen und nicht nur die Lippen zu den Liedern zu bewegen. Die Sängerin und Performerin liebt es zu singen. „Singen ist der reinste Ausdruck meiner Kunst.“ Sie ist auch als Songwriterin aktiv und schreibt ihre eigenen Lieder.

Die glamouröse Jury (v.l.n.r.): Dorretta Carter, Bubblegum Lecter, Tamara Mascara und Ornella de Bakel Foto: Lara Haidvogl

Die Steirerin mit bosnischen Wurzeln wohnt derzeit in Wien. Ihre Anfänge als Drag Queen nahm sie während eines zweijährigen Aufenthalts in Dublin. „Ich habe schon immer gesungen. Mir hat aber das gewisse Element gefehlt, das ich dann im Drag gefunden habe“, erzählt sie. Es ergab sich, dass bei ihrer Rückkehr nach Österreich gerade das erste Grazer Drag Race bevorstand, woraufhin sie sich gleich bewarb – und gewann.
Das letzte Jahr durfte Bubblegum den Tuntenball und die Organisation dahinter, die RosaLila PantherInnen, nach Außen repräsentieren. Der Verein ist eine Beratungs- und Informationsstelle für lesbische, schwule, bi- und transsexuelle Menschen und setzt sich für die Gleichstellung und Antidiskriminierung aller Liebensformen ein. „Es ist toll, dass es eine Vereinigung gibt, die im Endeffekt für die Rechte von allen kämpft. Es freut mich, das Aushängeschild des Vereins und des Tuntenballs gewesen sein zu dürfen.“ Laut Bubblegum gäbe es aber noch viel Arbeit zu tun. „Man wird schnell abgestempelt. Aber ich blute nicht anders als du! Es wäre toll, wenn sich die Menschen mehr darauf konzentrieren könnten, was wir gemeinsam haben, und nicht darauf, was uns unterscheidet.“

Zwischen High Heels und falschen Wimpern
Natürlich wird die amtierende Miss auch beim 28. Tuntenball am 11. März im Grazer Congress vertreten sein. Mit ihrem Live-Auftritt wird Bubblegum die Hauptshow des Ballabends unter dem Motto „Night of Stars“ eröffnen und als Teil der Jury die Miss Tuntenball 2017 küren, bevor sie sich dann in die Riege der Ex-Missen einreiht. Dem Titel hat die Sängerin viel zu verdanken. „Eigentlich hat die Miss Tuntenball meine Karriere gestartet.“ Für den Künstlernamen Bubblegum Lecter entschied sie sich, da ihr das paradoxe Wortspiel zwischen Bubblegum und Hannibal Lecter gefiel. Auf der einen Seite süßer Kaugummi, auf der anderen ein bekannter Film-Psychopath. „Wir sind alle dual“, erklärt Bubblegum. „Ich glaub das steckt in jedem von uns. Die Frage ist nur, wie sehr man das rauslässt.“

Am Ende sind alle Gewinnerinnen. Jury und Finalistinnen posieren für Erinnerungsfotos. Foto: Lara Haidvogl

Während die Finalistinnen sich beim Drag Race die Seele aus dem Leib tanzen, beim Lip-Sync alles geben und auch extra Elemente wie kleine Striptease-Einlagen oder einen Spagat einbauen, beobachtet Bubblegum die Teilnehmerinnen genau. Worauf sie dabei achtet und was eine Miss Tuntenball ihrer Meinung nach haben muss? „Es muss mich bewegen. Das gewisse Etwas muss da sein.“ Laut Bubblegum sei ohnehin schwer zu definieren, was Drag ist. Wer ist eine Drag Queen und wer ist keine? Sie zitiert den bekannten US-Amerikanischen Schauspieler, die Drag Queen RuPaul: „We’re born naked and the rest is Drag.“
Am Ende des Abends ziehen die vier Drag Queens Chantall Cavalli, Rachel Estrella Cloud, Madame Fatalia Fatal Kajal und Erika Empire in das Finale der „Miss Tuntenball“-Wahl ein, Giselle Bordelle muss sich leider verabschieden. Bunt und laut wird unter den Klängen von DJane Tamara Mascara und DJ Noisolepsy bis in die Morgenstunden weiter gefeiert.

Notorische Zuspätkommerin, hoffnungslose Chaotin, Sarkasmus-Enthusiastin – aber trotzdem ganz lieb.

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