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Wenn Radeln zum Business wird

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Das junge Unternehmen Bike Citizens träumt von einer fahrradfreundlicheren Welt. Nicht nur durch ihre Produkte wollen Sie das Radfahren attraktiver machen. Eine von ihnen geplante Radfilmtour fand wetterbedingt stationär statt. Doch weitere Aktionen sind geplant.

Von den zirka 100 erwarteten Personen kamen nur wenige ins Postgarencafé. Die geplante Radtour, bei der an verschiedenen Orten wie der Kombüse oder dem Culture Exchange Graz Filme gezeigt werden sollten, ist wegen des Wetters zu einem stationären Filmabend umdisponiert worden. Damit ungestört geschaut werden kann, entfernt man noch schnell die Diskokugel, die vor der Leinwand hängt. Der erste Film läuft an und stoppt kurz darauf wieder, ein technisches Gebrechen stoppt die Vorführung für einen Augenblick.
„Die Filme sind sehr gut angekommen, was ich von den paar Anwesenden an Rückmeldungen bekommen habe“, sagt Stefan Ahmadi, Project Manager bei den Bike Citizens und Initiator des Filmabends.

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Die „Bike Citizens“ (c): Bike Citizens

Das Unternehmen Bike Citizens möchte mit Veranstaltungen wie dieser von den RadfahrerInnen wahrgenommen werden, aber auch das Radfahren attraktiver machen. Durch Events wie dieses sollen auch Leute, die noch keinen Zugang zum Radfahren haben, motiviert werden, sich auf den Sattel zu schwingen. „Es geht darum, dass man diese Leute reinholt und sagt: Hey schaut‘s her, Radfahren ist cool!“, erklärt Kerstin Oschabnig, ebenfalls Project Managerin der Bike Citizens.

Radkarten für die Stadtplanung

Vor einiger Zeit haben die 25 Mitarbeiter der Bike Citizens ein Altbau-Büro gleich neben dem Volksgarten bezogen. Im großen Besprechungsraum hängen alte Rennräder an den Wänden. Am dunkelbraunen Kachelofen steht ein Bild, das unregelmäßig angeordnete Linien zeigt. Dabei handelt es sich um eine Heatmap. Sie hat mit der Fahrradnavigations-App, die mittlerweile den Namen des Unternehmens trägt, zu tun. Über die GPS Daten der UserInnen werden Stadtkarten erstellt. Oft benutzte Straßen leuchten in grellem Rot. Auf den Heatmaps sieht man unter anderem, wo RadfahrerInnen unnötige Wartezeiten an Ampeln haben.

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Die Heatmap von Graz (c) Bike Citizens

In Graz gibt es eine Kooperation mit der Stadt. Die Bike Citizens liefern die anonymen Daten, die für die Stadtplanung genutzt werden können, und im Gegenzug bezahlt Graz die App für die User. „Das Ziel ist natürlich, mit möglichst vielen Städten entsprechende Kooperationen zu machen, und im Grunde ist es eine Win-Win Situation, denn die Städte haben was zu verschenken und sie bekommen die anonymisierten Verkehrsdaten.“ Für alle weiteren Städte gibt es das Programm „Cycle to free“: Innerhalb von 30 Tagen muss man 100 Kilometer am Sattel zurücklegen und bekommt als Belohnung die App gratis.

Mehr Leute auf’s Rad holen

„Graz hat in den letzten paar Jahren jedoch den Anschluss verloren“, meint Stefan Ahmadi zur Radfreundlichkeit der Stadt. Wo Graz noch vor zehn Jahren als Radfahrstadt bekannt war, tut sich im Vergleich zu Skandinavien oder deutschen Städten immer weniger. Den Grund dafür sieht Ahmadi in der Politik. Es bräuchte mehr Druck von der Straße. Aktionen wie die Critical Mass, einem freien Zusammentreffen von RadfahrerInnen zur Rückgewinnung von Raum, die jeden letzten Freitag im Monat stattfindet, könnten ein Weg sein, um Aufmerksamkeit für die Rad-Szene zu erzeugen. Das Ziel der Bike Citizens ist es, mit ihren Produkten im Endeffekt mehr Leute auf das Rad zu holen.

Zubehör zum Navigieren

Das zweite Standbein der Bike Citzens liegt auf einem Couchtisch neben dem Kachelofen. Auf den ersten Blick erschließt sich der Zweck des Silikonbandes namens Finn nicht ganz. Die Gründer der Bike Citizens sind Fahrradkuriere. Um ihre Navigations-App auch praktisch Nutzen zu können, war es naheliegend, eine Fahradhalterung zu entwickeln. Der Finn wird um den Lenker des Drahtesels gewickelt und das Smartphone kann darauf befestigt werden.

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Finn am Rad

Auch Lesestoff in Form eines Online Magazins bieten die Bike Citizens. Verschieden Autoren schreiben übers „Lebensgefühl Radfahren“. Fast täglich erscheint ein neuer Text über Radfahrerei.

Um die 20.000 Grazer haben sich die App schon auf ihr Smartphone geholt und monatlich kommen fast 1000 neue Nutzer dazu. Im Jänner wurde ein zweites Büro in Berlin eröffnet. Bald kommen nochmals zirka 130 Städte für die App dazu. Die Palette wird alle größeren Städte Großbritanniens enthalten, auch Frankreich, Spanien und Australien kommen dazu. Das Jungunternehmen wächst. Man müsse natürlich schwarze Zahlen schreiben aber: „Bei allem, was wir machen, bleibt immer noch das Hauptziel, dass wir für die RadfahrerInnen da draußen die Welt ein bisschen verändern“.

 

 

 

Geboren in Niederösterreich, aufgewachsen in Tirol, jetzt in Graz. Schreibt, Fotografiert, filmt, läuft und radelt gerne. What else? Tierlieb, bevorzugt Katzen und Hunde.

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