Oliver Wieland blickt zwar zurück in die Annenstraße, freut sich aber dennoch auf den Neuanfang auf der anderen Murseite.
Lesezeit: 3 Minuten, 23 Sekunden

„Für mich gibt es hier nichts Positives mehr“

in VIERTEL(ER)LEBEN von

Oliver Wieland war Inhaber einer Modeboutique in der Annenstraße. Zu Beginn begeistert vom Annenviertel und all seinen Facetten, ist er nun aus dem Viertel weggezogen und versucht sein Glück auf der anderen Murseite. Nach dem Umbau der Annenstraße gestaltete sich ein erfolgreiches Geschäft als schwierig. Warum das so war? Das erklärt der Inhaber des Olliwood im Gespräch mit der Annenpost.

Sonnenlicht scheint durch die Fenster. Auf der anderen Murseite wirkt das Geschäft geräumiger, nicht so überfüllt. Gegenüber der Tür steht eine Kommode. Auf ihr sind verschiedene Schuhe ausgestellt. Spiegel an den Wänden lassen den ersten Raum größer wirken. Im zweiten ist die Rockabilly- und Gothic-Kollektion. An der Kassa liegen einige Zeichnungen mit Kleiderentwürfen. Eine Dame stöbert durch einen Kleiderständer mit Pullovern. Ein paar Meter daneben sitzt Oliver Wieland in einem Rattanstuhl und erzählt.

Der Schuss, die Annenstraße mit dem Umbau wiederzubeleben, ging einfach nach hinten los. Hier hat unsere Stadtpolitik versagt. Oliver Wielands „altes“ Olliwood in der Annenstraße 48 war nicht so sehr von Erfolg geprägt wie erhofft. Schon während des Umbaus blieb immer mehr Kundschaft aus und als der Neubau dann abgeschlossen war, hatte er bereits 70 Prozent seiner Kundschaft verloren, wie er weiter erklärt. Weniger Kunden bedeuten auch weniger Gewinn und Umsatz. Die durch den Umbau verloren gegangenen Parkplätze für PKWs sind für Wieland der Hauptgrund, warum man als Inhaber eines Geschäfts in der Annenstraße kaum noch überleben kann. Die meisten Menschen wollen nicht mit den Öffis einkaufen fahren, vor allem wenn sie auch noch so teuer sind.

Oliver Wieland blickt zwar zurück in die Annenstraße, freut sich aber dennoch auf den Neuanfang auf der anderen Murseite.
Oliver Wieland blickt zwar zurück in die Annenstraße, freut sich aber dennoch auf den Neuanfang auf der anderen Murseite.

Leerstehende Geschäfte und wenige Menschen

Betreiber verschiedener Geschäfte fragten bei der Stadt um Entschädigungen für die Umsatzverluste an, die sie durch den Umbau erlitten hatten. Dafür haben wir keinen Topf, war die Antwort aus dem Grazer Rathaus erinnert sich Oliver Wieland. Viele Millionen Euro wurden in die „Wiederbelebung“ der Annenstraße investiert. Viele Millionen Euro für ein Projekt, das etwas vermeiden wollte, was für einige Menschen trotzdem noch immer zu sehen ist: leerstehende Geschäfte, wenige Menschen, die noch gezielt in die Annenstraße fahren, um dort einzukaufen oder Zeit zu verbringen. Oliver Wieland denkt, dass der zuvor angesprochene „Topf“ für Kunstobjekte verwendet wurde, womit er die neu designten Straßenbahnhaltestellen anspricht. Für sie, wie auch für den gesamten Umbau der Annenstraße, wurde nach einem ausgeschriebenen Wettbewerb, ein Berliner Landschaftsarchitektenbüro beauftragt. Diese Haltestellen sind aufgrund ihrer Höhe als Dach nicht wirklich geeignet und als Kunstwerke, wie sie vom Bürgermeisteramt genannt werden, nicht zu erkennen.Die Markise an der Hausmauer seiner Boutique konnte er nicht mehr verwenden, weil „die Haltestellen zu knapp davor stehen“.

Der „bessere“ Umbau

In Oliver Wielands Augen hätte das investierte Geld anders verwendet werden sollen, um den gewünschten Erfolg zu erzielen. Die Beibehaltung der Parkplätze hätte der Straße gut getan. Vor dem Umbau war Wieland besonders stolz auf seine aus Bosnien, Rumänien, Vorarlberg, Wien oder Tirol angereisten Kunden. Doch ohne Parkmöglichkeiten blieb diese Kundschaft weitgehend aus. Grünflächen hätte die Annenstraße gebraucht. Eine optische Aufwertung wäre notwendig gewesen. Dann betreibt man gerne sein Geschäft und man geht auch lieber dort einkaufen, oder?, beschreibt der Boutiquenbesitzer, wofür er das Geld eher verwendet hätte.

Wenn die Infrastruktur dieselbe geblieben wäre und die Annenstraße einen neuen, optisch besseren Anstrich bekommen hätte, meint Wieland, hätte sich die Annenstraße gut entwickelt und es hätten mehr Geschäfte eröffnet. Jetzt sieht alles wie ein Asphalt-Beton-Klotz aus.

Auch wenn die Edel-Gothic-Kollektion wieder neu dabei ist, das Sortiment an Schuhen ist bei Olliwood immer noch mit an Bord.
Auch wenn die Edel-Gothic-Kollektion wieder neu dabei ist, das Sortiment an Schuhen ist bei Olliwood immer noch mit an Bord.

Für Wieland ist klar, was schief gelaufen ist: Er sieht die Schuldigen in der Stadtregierung. Viel verwendetes Geld mit mäßigem bis keinem spürbaren Effekt. Für den Besitzer des Olliwood spricht nichts dafür, jetzt noch ein Geschäft in der Annenstraße eröffnen zu wollen. Das war auch der Grund, warum er aus dem Viertel wegzog. Er ist ein Beispiel für all jene, die mit dem Umbau mäßig bis gar nicht zufrieden sind. Doch wie die Annenpost bereits berichtete, sind nicht alle Geschäftstreibenden unglücklich nach der Neugestaltung der Annenstraße.

Wie sich seine Kundschaft auf der anderen Murseite entwickeln wird, weiß er nicht, aber eines ist ihm gewiss: „Wenn man die Annenstraße runter bis zum Südtirolerplatz und der Mur geht, ist das so, als würde man vor einer Mauer stehen. Hinter einem ist alles leer, wenige Menschen halten sich dort auf. Vor einem tummeln sich Leute, die Straßen sind belebt. So sollte es auch in der Annenstraße sein. So hätte es auch sein können.“ In der Annenstraße sieht der Boutiquenbesitzer keine positiven Aspekte für Geschäftstreibende mehr.

Geboren und aufgewachsen in Graz – jetzt will Max hier zum Sportjournalisten reifen. Das Annenviertel erlebt der 20-jährige bei der Annenpost nun erstmals von innen. Die Vielfältigkeit des Stadtteils hat ihn beeindruckt.

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