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Lend wirbelt im neuen Lendhaus

in LENDWIRBEL von

„Lndhs“ steht in großen Lettern auf der Fassade der früheren Fabrikshalle, die sich sonst gut ins Novembergrau der Vorstadt fügt. Der Verein Lendwirbel, der seit letztem Jahr die Organisation des bekannten Stadtviertelfests „Lendwirbel“ besorgt, hat hier, in der Grüne Gasse nördlich des Lendplatz, seine neue Heimatstätte gefunden, wenigstens bis 2016. Hochbeete mit Gemüsepflanzen stehen zwischen Holzbänken und -tischen, eine Hütte dient als Bar. Alles wirkt noch ein wenig karg, dafür frisch gestrichen. Insgesamt 700 Quadratmeter stehen dem Lend zum Wirbeln zur Verfügung.

 

„Ein Spielplatz für Erwachsene“ soll das Lendhaus sein, meint Franz Lammer.
„Ein Spielplatz für Erwachsene“ soll das Lendhaus sein, meint Franz Lammer.

 

Das Lendhaus soll Arbeitsfläche und Vernetzungsraum für alle bieten, erklärt Franz Lammer, Vorsitzender des Vereins Lendwirbel, den gut 30 Wirbel-AktivistInnen, die an diesem Abend gekommen sind, um das Haus zu eröffnen und erste Ideen für den nächsten Lendwirbel im Mai 2015 zu sammeln. Die große Halle soll zudem als Werkstatt und Vernetzungsraum für NachbarInnen und Interessierte dienen. Auch Platz für Seminare und Workshops gibt es. Lammer betont, dass das Lendhaus für alle da sein soll. Die Offenheit wird hier hochgeschrieben. „Ein Spielplatz für Erwachsene“ soll es sein, meint Lammer. Ihm ist es besonders wichtig, dass jeder etwas beisteuert, so dass ein Netzwerk in der Nachbarschaft entsteht. Auch ein kleiner Naturkostladen ist schon ins Lendhaus eingezogen. Bauern aus der Region bieten hier Obst, Gemüse, Fleisch, Wurst und Milchprodukte an.

In den Räumen soll auch eine Werkstätte entstehen in denen man mit Handwerken zusammen oder für sich alleine basteln kann. „Altes wieder neu machen“, findet Andreas Flach vom Verein Lendwirbel besonders spannend. Er hat sich der Renovierung des „Lndhs“ angenommen. In den Stützpunkt des Lendwirbels ist bis jetzt kein öffentliches Geld geflossen und er soll sich auch weiterhin selbst erhalten. Die Vereine Urbanes Gärtnern, Transition und Alles Garten sind mit eingezogen. Zusammen mit den zwei MieterInnen der Wohnungen im oberen Stockwerk, steuern sie etwas zur Miete bei.

 

Die Diskussion ist in regem Gange.
Die Diskussion ist in regem Gange.

 

Doch an diesem Abend wird auch Kritik am ersten eigenen Haus der StadtteilaktivistInnen laut. Denn das Gebäude gehört dem Unternehmer Helmut Marko. Seit 2005 ist Marko Motorsport-Chef von Red Bull, ihm gehören eine ganze Reihe hochwertiger Immobilien in Graz, darunter das Schlossberghotel. Auch am Grundstück, wo für zwei Jahre das Lendhaus residieren wird, will er ab 2016 mit der Errichtung eines Hotels beginnen. Bis dahin darf der Verein Lendwirbel die Fläche „zu einem Freundschaftspreis“ nutzen. Das sorgt an diesem Freitag auch für kritische Stimmen unter einigen AktivistInnen. Sie befürchten, dass der Lendwirbel immer kommerzieller wird, die Aufwertung des Viertels voran- und die Mietpreise in die Höhe treibt. Und damit UnternehmerInnen unterstützt, anstatt – wie angedacht – die NachbarInnen zusammenzubringen. „Etwas zu tun“ sei am wichtigsten, meint Andreas Flach. Auch andere meinen, dass es trotzdem wichtig sei, im Viertel aktiv zu sein. Man müsse aber eben auch die möglichen Auswirkungen des eigenen Tuns mitbedenken.

„An sich ist es super, wenn man ein festes Domizil hat“, findet Rainer Rosegger, Stadtsoziologe und überzeugter Lendwirbler. Hinterfragen müsse man die Zwischennutzung. „Es ist halt mühsam, wenn man nach zwei Jahren wieder alles zusammenpacken muss“, meint Rosegger. „Temporär ist es eine Win-Win-Situation, von der man aber langfristig nichts zurück bekommt.“ Es sei wichtig, die Entscheidung kritisch zu betrachten und die Selbstreflexion auch in die Nachbarschaft zu tragen, denn „natürlich profitieren auch jene, denen das Grundstück gehört“. Die Kritik versuche man aktiv umzusetzen, indem man Raum für alle bieten und Netzwerke innerhalb des Viertels fördern möchte.

Übrigens: Für den Lendwirbel 2015 werden noch Projektideen gesucht. Alle Ideen werden gerne gesehen und Hilfestellung bekommt man von erfahrenen LendwirblerInnen. Engagieren kann man sich in den Kategorien Musik, Öffentlicher Raum/Kunst/Performance, Diskurs, Nachbarschaftliches und „Sonstiges“. Netzwerktreffen finden ab sofort jeden ersten Freitag im Monat im Lendhaus (Grünegasse 2) statt. Neue WirblerInnen sind immer willkommen. Projektvorschläge kann man auch unter office@lendwirbel.at einschicken.

Lena ist völlig „vernarrt“ in Graz. Ihr ständiges Fernweh brachte sie hierher - die junge Stadt und das Annenviertel hielten sie fest. Trotzdem möchte sie viel herumkommen und entdecken. Sie holt sich die Welt in den veganen Kochtopf und philosophiert gern mit FreundInnen.

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