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Sechs Monate für eine zweite Chance

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Während die meisten Jugendlichen im Alter von 18 Jahren gerade ihre Matura in der Tasche haben und Pläne für ihr anstehendes Studium schmieden, gibt es auch solche, die in diesem Alter schon eine zweite Chance brauchen. Die meisten haben die Schule abgebrochen,  größtenteils stammen sie aus sogenannten Problemfamilien. Einige von ihnen erhalten ihre zweite Chance seit 2007 im Second-Hand-Laden des SOS-Kinderdorfs in der Annenstraße, in dem es alte Möbel, gebrauchtes Spielzeug und getragene Kleidung zu kaufen gibt.

Von Marco Mitterböck

 

Hier sollen Jugendliche zwischen 15 und 25 in einen geregelten Berufsalltag finden, lernen, ihr eigenes Geld zu verdienen und mit diesem umzugehen. Im Rahmen des Projekts J.O.B. lernen sie neben den herkömmlichen Aufgaben, die der Betrieb eines Geschäft mit sich bringt,  auch den Kreislauf der Produkte kennen. In einer Werkstatt restaurieren sie die Möbel, ehe sie wieder verkauft werden. Betreut werden sie von Sabine Schlegel, die ihre Jugendlichen ein halbes Jahr lang auf dem Weg in eine geregelte Zukunft unterstützt.

Sabine Schlegel (m.) mit zwei Angestellten

Was unterscheidet den SOS-Kinderdorf-Shop von den anderen Beschäftigungsprojekten?

Es gibt eine gewisse Ähnlichkeit zwischen uns und den Caritas-Läden. Allerdings beschäftigen wir eben
ausschließlich Jugendliche, um ihnen eine zweite Chance und den Wiedereinstieg in das Berufsleben zu ermöglichen.

Wird der SOS-Kinderdorf-Shop hier in der Annenstraße angenommen?

Wir dürfen uns nicht beklagen, Kunden aus allen möglichen Schichten und Herkunftsländern schauen bei uns vorbei. Wir haben insgesamt drei Geschäfte, das in der Annenstraße funktionierte von Beginn an recht gut. Wir haben Kunden, die uns drei Mal die
Woche besuchen, aber auch solche, die nur kurz hereinschauen und fragen, was wir eigentlich machen.

Wie kommen die Jugendlichen zu Ihnen?

Wir bekommen sie sowohl vom AMS als auch von den SOS-Kinderdorf-Einrichtungen. Wir veranstalten regelmäßig
Infotage, wo sich Jugendliche über unsere Einrichtung informieren können. Und sie können auch einfach so vorbeischauen, wenn sie Interesse haben. Grundsätzlich kann jeder, der Interesse zeigt, einen Probemonat bei uns schnuppern, danach schauen wir weiter.

Was passiert nach diesem Probemonat, wenn beide Seiten zufrieden sind?

Die Jugendlichen müssen für sich entscheiden, ob sie weitere sechs Monate dabei bleiben wollen. Sie können also Hilfe annehmen oder sich selbst auf die Suche nach einer Lehrstelle begeben. Es ist ihre Entscheidung, schließlich passiert hier alles freiwillig.

Was passiert mit den Jugendlichen, wenn die sechs Monate abgelaufen sind?

Nach diesen sechs Monaten haben sie im besten Fall einen Ausbildungsplatz oder einen Arbeitsplatz. Sollten sie mehr Zeit brauchen, gehen sie in ein weiteres Projekt. Im Ausnahmefall können wir die Zeit bei uns in Absprache mit dem AMS verlängern, im Normalfall sind wir aber auf ein halbes Jahr begrenzt.

Die meisten kommen aus Familien mit schwierigen Verhältnisse, in wie weit beschäftigen Sie sich mit diesen Vorgeschichten?

Wir wollen nicht so viel von den Vorgeschichten wissen, sondern wollen die Jugendlichen neutral kennenlernen. Mit der Zeit kommt man ohnehin auf gewisse Hintergründe drauf. Nur wenn es zu schweren Problemen kommt, müssen wir nachfragen. Die Jugendlichen schätzen es, dass sie bei uns wie auf einem weißen Blatt anfangen dürfen.

Was sind denn das für Biografien, die diese Jugendlichen haben?

Die meisten haben die Hauptschule abgeschlossen und eine Lehre begonnen, die sie aber nicht beendet haben. Teilweise durften sie nicht, teilweise konnten sie nicht. Andere sind hingegen unschlüssig, was sie machen wollen und womit sie später Geld verdienen wollen. Wir haben mit dem Shop, der Werkstatt und dem Lager drei Bereiche, dort können sie ausprobieren, was ihnen gefällt.

Was ist die wichtigste Eigenschaft, die Sie den Jugendlichen vermitteln wollen?

Sie sollen selbstständig werden. Außerdem sollen sie lernen, mit dem Geld auszukommen, das sie bei uns verdienen. Das forcieren aber auch die Wohngemeinschaften, aus denen viele unserer Jugendlichen kommen. Natürlich arbeiten wir auch eng mit den Eltern
zusammen, sofern diese noch dahinterstehen. Einige starten bei uns ja schon im Alter von 15. Einige sind aber auch schon 18 oder 19, da müssen sie irgendwann lernen, selbstständig zu leben. Das geben wir ihnen mit.

 

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